Besteigung Pico de Orizaba oder Citlatepetl in Mexiko

5640 Meter über dem Meeresspiegel thront der Pico de Orizaba - auch Citlaltepetl genannt. Er ist Mexikos höchster Berg.

Zugleich ist der Pico de Orizaba die höchste Erhebung in Mittelamerika. Zwischen dem Mount Logan in Alaska und dem Cayambe in Ecuador kann kein anderer Berg dem Pico de Orizaba das Wasser reichen. Fürwahr ein lohnendes Zeit für jedes Bergsteigerherz. Mit einer tollen 4er-Truppe ging es im Dezember 2022 an den Berg. Bettina, Claudia, Basti und ich wurden unterstützt vom Fahrer Juan und den heimischen Bergführern Daniela und Jorge.

Um den Pico de Orizaba zu besteigen, brauchen wir keine Kletterstellen zu überwinden und auch kein allzu steiles Eis. Die Schlüsselstelle ist relativ weit unten und kann wahlweise über ein etwas steileres Eisfeld oder durch brüchige, unmarkierte Felsen überwunden werden. Danach ist es nur noch mühsam und der Rest der Besteigung verläuft im Eis.

Sonnenaufgang am Orizaba

Ausgangspunkt: Refugio Piedra Grande auf ca. 4300m

Talort: Tllachichuca auf ca. 3100m

Länge: 7 km hin und zurück

Zeit: 8-10 Stunden Aufstieg, 3 Stunden Abstieg

Schwierigkeit: Keine Kletterstellen im Fels. Steigeisengehen auf meistens gut ausgetretener Spur, bis ca. 40-45 Grad. 1400 hm in großer Höhe.

Unterkunft: Refugio Piedra Grande, mit dem Allradfahrzeug auf sehr holprigen Wegen von Tllachichuca aus erreichbar. ca. 1,5 Stunden Anfahrt für 10 km

Essen und Kocher müssen selbst mitgebracht werden; manchmal ist die Hütte voll, dann ist zelten die beste Alternative

Anfang Dezember 2022 konnte ich den Berg endlich einmal mit einer Gruppe in Angriff nehmen. Bettina, Claudia, Basti und ich starteten mit unserem Fahrer Juan sowie Daniela und Jorge als einheimische Bergführer zum Berg. Diese drei werden auch in Zukunft unsere Touren in Mexiko durchführen. So konnte ich mich vor Ort überzeugen, dass sie diese Aufgabe verantwortungsvoll und mit viel Hingabe durchführen.

Gipfelgang Pico de Orizaba

Wir starteten mit Juan von Puebla aus in Richtung Tllachichuca. So konnten wir die Nacht noch bequem in der Stadt verbringen. Die Anfahrt war nicht allzu lang. Trotz dem obligatorischen Stop bei Oxxo waren wir früh im Ort und konnten uns noch ein wenig umsehen. Für den Rest der Anfahrt mussten wir in einen Jeep umsteigen. Die Piste ist extrem sandig und mit großen Schlaglöchern durchsäht. Eine Kontrolle gibt es natürlich auch noch am Weg. Die Möglichkeit Eintritt zu kassieren, ließen sich die Einheimischen nicht entgehen.

Man fährt fast direkt vor die geräumige Hütte und drum herum finden sich noch Massen an Zelten. In der Hütte kann auf 3 Etagen geschlafen werden, sodass die Kapazität bei über 50 übernachtenden Personen liegt.

Bequem ist natürlich was anderes. Wir müssen über eine wacklige Leiter nach oben klettern. Schlafsack und Isomatte sollte man dabei haben - sonst liegt man auf den bloßen Planken. Aber es ist ja nur für eine Nacht. Im unteren Bereich kann gekocht werden, sodass wir nicht im Kalten zu Essen brauchen. Wer auf Toilette muss, kommt allerdings nicht Drumherum, die Hütte zu verlassen. Abseits der Hütte und den Zeltplätzen ist ein Extrabereich für derartige Aktivitäten ausgewiesen.

Nach kurzem Frühstück im Stehen geht es früh los an den Berg. Der Weg ist weit. Normalerweise startet man  früh zwischen 1 und 2 Uhr. So halten wir es auch und bewegen uns innerhalb einer langen Schlange. Ausgerüstet mit Stirnlampen und warmer Kleidung starten wir auf den Berg zu. Mühsam zieht sich der Aufstieg dahin. Immer wieder geht es an pausierenden Bergsteigern vorbei. Andere steigen an uns vorbei, wenn wir kurz pausieren. Alles in allem ein munteres Treiben. Die Luft ist frisch und es windet ein wenig. Im Dunkeln sieht man die mächtigen Felsformationen um uns herum nicht. Manchmal wirkt der Aufstieg ein wenig monoton. Viele einheimische Bergsteiger und Bergsteigerinnen sind mit uns unterwegs und imponieren durch ihre gute Laune. Trotz Kälte und Mühe. Ein amerikanisches Pärchen hat sogar Ski dabei, um damit einen Teil des Abstiegs zurückzulegen. Dafür müssen sie allerdings lange schleppen. Endlich haben wir das Felslabyrinth durchquert und das Gelände wir erstmal flacher. Die Eisfelder ziehen sich mehr und mehr zurück. Nun heißt es Steigeisen anlegen. Es ist immer noch dunkel und wir kommen recht gut voran.

Bald sind die Eisfelder erreicht. Es wird hell. Tolle Lichtspiele erwarten uns. Endlich wird der der Gipfelbereich sichtbar. Der Berg sieht zum Greifen nah. Wie sehr das täuscht, wird uns weiter oben mit jeder Kehre bewusst. Hier gehen wir am Seil. Das Gelände wird steiler - ist aber gut zu begehen. Vom Anfang des Gipfeleisfeldes fehlen noch ca. 600 Hm zum Gipfel. Somit sind wir noch eine gefühlte Ewigkeit in diesem Gelände unterwegs. Und am frühen Morgen wird es verdammt kalt. Die Sonne hat noch kaum Kraft. Aber sie färbt die umliegenden Felsmassive in ein tiefes, kräftiges Rot. Unter uns sieht man die Wälder und Hügel des zentralen Mexikos. Eindrucksvoll! Nach endloser Stapferei erreichen wir schließlich den Kraterrand. Welche ein Anblick! Überall spitze Zacken und bunt gefärbtes Gestein. Rauch steigt keiner auf. Einige Bereiche hier sind doch tatsächlich schneefrei. Kurze Zeit später haben wir den Gipfel erreicht. Zwischen Mount Mckinley (Alaska) und Pico Bolivar (Kolumbien) steht uns kein höherer Gipfel im Weg. Die Sicht scheint fast endlos. Fantastisch! Ins Auge fällt vor allem der breite Iztaccihuatl mit seinem mächtigen Nachbarn Popocatepetl. Letzterer darf wegen seiner vulkanischen Aktivität schon seit Jahren nicht mehr bestiegen werden. Schade! Ich war leider noch nicht oben. Auch der Malinche sticht deutlich hervor. Hier waren wir vor einigen Tagen alle am Gipfel. Leider können wir nicht ewig hier oben bleiben. Ein paar Fotos noch und es geht bergab. Nun schneller und direkter als beim Aufstieg. Der Weg zwischen den Felsen durch das Labyrinth und zurück zur Hütte zieht sich aber noch lange. Müde wie wir sind - eine gefühlte Ewigkeit. Und einiges an Autofahrt steht uns ja auch noch bevor.

Tiefblick Pico de Orizaba

Anstiegsbeschreibung:

Von der Hütte direkt auf den in hellen schon sichtbaren Eisberg zu. Zuerst einige 100 Meter auf einem schmalen, betonierten! Weg.

Später geht dieser in einen Pfad über, der immer mal Nebenwege aufweist. Meistens führen diese allerdings wieder zusammen. Durch die normalerweise zahlreichen Stirnlampen am Weg, ist die Wegsuche auch ohne Guide durchaus machbar.

Es geht zwischen einigen Felsen hindurch und stetig aufwärts. Der Gletscher zieht sich mehr und mehr zurück, sodass man normalerweise erst auf knapp über 5000 Metern die Steigeisen anziehen muss. Die restlichen 600 Höhenmeter ziehen sich dann fast ewig, auch wenn der Gipfel im unteren Bereich zum Greifen nah aussieht. Umso schöner ist die Sicht im oberen Bereich in den Krater und über das halbe Land hinweg. Vor allem die Tiefblicke auf die umliegenden Wälder und Dörfer imponieren.

Der Abstieg erfolgt auf dem Aufstiegsweg (im Eis natürlich etwas direkter…).

Auch von Süden kann der Berg angegangen werden und man erreicht mit dem richtigen Fahrzeug ca. 4600m. Allerdings ist diese Route zwar Gletscherfrei, aber extrem steinschlaggefährdet und auch landschaftlich definitiv weniger schön als die Nordroute.

Krater Mexiko